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Rechnerlexikon

Die große Enzyklopädie des mechanischen Rechnens

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Sammlertreffen Gröbenzell 6. April 2013


1 ENIGMA und andere Chiffriermaschinen. Mit Vorführung und Erklärung.

 
Wieder einmal haben wir unser Trimester-Treffen an einen anderen Ort verlegt, aber die Teilnehmer sind konstant die gleichen, leider zu konstant. Unser kleiner Trupp hat jedoch diesmal einige wirkliche Leckerbissen zusammengetragen. Zum Thema "Chiffriermaschinen" hatten wir tatsächlich eine vollständige Enigma mit Stromversorgungskasten, eine Kryha, eine Nema, eine Hagelin, einen französischen Codigraph nebst einigen bescheideneren Verschlüsselungsgeräten, in Scheiben-, bzw. Walzenform (Jefferson-Walze als Plastikspielzeug).

Es gab keinen expliziten Vortrag, sondern eine Serie von Vorführungen der konkreten Maschinen mit einigen Hinweisen und Mutmaßungen über ihre Funktionsweise.

Kryha-Demo Kryha Kryha-offen + Scheibe

Man begann mit der chromglänzenden Kryha. Da die wesentliche Funktion dynamisch mit einem Rattern nach jedem Knopfdruck abläuft, sollte man dazu vielleicht die bei der Vorführung gemachte Filmaufnahme betrachten: nach dem Aufziehen eines Spiralfedermotors nach der Art der damaligen Plattenspieler wird bei Knopfdruck die Verschlüsselungsscheibe um eine variable Anzahl von Buchstaben weitergedreht und somit jedesmal das Alphabet neu verwürfelt. Mit der Faszination dieses Mechanismusses wurde jedoch die eigentliche Verschlüsselungsmethode fast gar nicht behandelt, da sie doch ziemlich kompliziert sein sollte: jeder Knopfdruck erzeugt zwar für jeden Buchstaben einen anderen Verschlüsselungswert (oder Zahlenwert), der aber jedes mal per Hand unter die entsprechenden Originalbuchstaben zu schreiben ist. Damit wird die gesamte Maschine zu einer nur von dem Schlüssel abhängigen Tabelle einer periodischen Buchstabenverwürfelung, und gleiche Buchstaben haben dieselbe Verschlüsselung, bekannterweise ein definitiver Schwachpunkt.

Der „Schlüssel“ ist laut dem Patent durch das Umstecken der Buchstaben der zentralen Scheibe variabel und könnte noch weiter durch die Knopfdrucksequenz variiert werden. In  http://de.wikipedia.org/wiki/Kryha finden wir einen Hinweis auf die Schwäche der derartigen Verschlüsselung.

Enigma Enigma Rotoren Enigma Transformatorkasten

Bei der folgenden Enigma konnte der Verschlüsselungsvorgang nur theoretisch demonstriert werden, da die Stromversorgung fehlte, auch wenn zu dem eigentlichen Enigmakasten ein Versorgungskasten dabei war, mit aber wahrscheinlich durchgebranntem Transformator. Die drei Rotoren durfte man aber in die Hand nehmen, in einer gegebenen Anordnung auf die Achse stecken, neben der Umkehrwalze einrasten lassen, die Einstellringe auf eine Ausgangskombination einstellen und dann beim Tastendrücken die Weiterschaltung der Rotoren mit „Übertrag auf die nächste Walze“ beobachten, natürlich ohne das Aufleuchten des entsprechenden Lämpchens mit dem Geheimbuchstaben.

Eine Reihe von mitgebrachten Büchern zum Thema hätte die Möglichkeit geboten, auch die Britischen Erfolge von  „Bletchley Park“ beim Dechiffrieren der Meldungen des Deutschen Militärs während des Zweiten Weltkriegs zu vertiefen, aber da warteten noch andere Geräte.

Hagelin Converter M209

Von der kleinen Hagelin Converter M209 erfuhren wir hauptsächlich, wie und wann sie Verwendung fand, denn ihre Funktionsweise hatte in unserem Kreis noch niemand ausreichend studiert. Wir konnten die faszinierende Mechanik im Inneren bewundern und spekulieren, wie die Positionen der Einstellreiter (lugs) auf der hinteren Stangenwalze als „Schlüssel“ in die Sprossen (pins) der Zahnräder des Rotorensystems eingreifen und den Ver- oder Entschlüsselungsbuchstaben auf den Papierstreifen ausdrucken müssten.

Nachforschungen ( http://w1tp.com/enigma/#m209) ergaben, dass nach der täglichen Einstellung der lugs und pins für jede Nachricht erst mal ein „externer Schlüssel“ einzustellen ist, der in den 6 Rotoren per Hand eindreht wird. Vor jede Operation muss noch der Operationszähler auf null gestellt werden. Der Ver/Entschlüsselungshebel steht auf C (Coding) . Dann wird z.B. 12-mal der Buchstabe L am Indikatorrad eingeben, jedesmal die Flügelschraube rechts durchgedreht (wobei das Papierband mit dem verschlüsselten Buchstaben bedruckt wird). Diese 12 Buchstaben formen den internen Schlüssel, der – falls der Buchstabe auf dem entsprechenden Rad existiert – nacheinander auf den 6 Rädern eingestellt wird. Dann folgt die eigentliche Nachricht, wobei der Zähler zur Kontrolle die Buchstaben zählt. Worttrennung mit einem Z. Vor und hinter die 5-Buchstabengruppen auf dem Papierstreifen wird noch zweimal der externe Schlüsselbuchstabe L und dann der externe Schlüssel von vorher angefügt, und aus der Schlüsselliste der Pin-Einstellungcode; fertig für die Übertragung und folgende Entschlüsselung, die nach Einstellung D (Decode) die Prozedur umkehrt.

Nema Nema Rotoren

Die ausgestellte Nema wurde nicht einmal an den Strom angeschlossen, nur seine zehn Rotoren angefasst. Auch für die andere, handlich kleine Hagelin C57, die herumlag, blieb nicht viel Aufmerksamkeit, als dass sie in die Hand genommen wurde.

Codigraph

Eine enorme, verchromte Trommel daneben schien interessanter. Der stolze Besitzer dieses Codigraph war aber nicht in der Lage, viel zur Funktion zu erzählen. Die drei Einstellräder an den Seiten ließen sich zwar drehen, und damit ändern sich die Zahlen- und Buchstabenkombinationen in den Sichtfenstern. Für 4000$ wurde anfang April diesen Jahres anscheinend eine ersteigert (261190937612). Es ist ja eigentlich keine Chiffriermaschine, sondern ein Telegrammtext-Verkürzer für Zahlen. ( http://www.jproc.ca/crypto/codigraph.html).

Uns allen schwirrte der Kopf, ob dieser doch recht komplizierten Geräten. Aber diese Art von Treffen bereichert uns so sehr, dass es schon leid tut, das erlebte Wissen nicht mit mehr Gleichgesinnten geteilt zu haben. Dieser Bericht versucht, dem abzuhelfen und das Interesse an vielleicht neuen Teilnehmern zu wecken. Wir werden alles dran geben, das Niveau zu halten. Ein Sammlertreffen sollte eben nicht bloß ein gemütliches Zusammenhocken von Experten sein.


2 Copyright

Alle Rechte beim Verfasser

Erstellt von: Wolfgang Irler 18:45, 8. Mai 2013 (CEST)



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