Sammlertreffen Partschins 2014
Wie alle zwei Jahre sollte zu Pfingsten jeder passionierter Sammler wieder mal nach Partschins kommen, in den Südtiroler Ferienort mit dem einzigartigen Schreibmaschinenmuseum.
Auch wenn die Schreibmaschinensammler des
IFHB in der Mehrzahl waren, so gab es doch auch ein paar Rechenmaschinenschnäppchen beim Tauschmarkt. Diesmal war das Zentralthema Kryptologie und Enigma. Gemischt Deutsch und Italienisch gab es hochinteressante Vorträge dazu.
Klaus Schmeh konnte aus seiner umfangreichen Autorenerfahrung von der Geschichte einiger Kryptologierätsel und deren Auflösung berichten. Er verriet uns sogar Einzelheiten von seiner Reproduktion des sogenannten
Voinich-Manuskripts: von Internet runter laden, ausdrucken und in kaltem Kaffee altern. Ganz stolz entfaltete er das richtig echt wirkende Exemplar.
Aber dessen seit hunderten Jahren mysteriöse Inhalt bleibt weiterhin im dunklen, auch wenn sich daran vergeblich der bekannte Entschlüssler des
Zimmermann-Telegramms des ersten Weltkriegs versucht hatte.
Neben den profunden Erläuterungen zu einigen speziellen Kryptologie-Systemen hatte Schmeh anschließend Gelegenheit, mit den anwesenden Sammlern deren mitgebrachte Preziösen zu diskutieren und zu analysieren. Besonders interessierte natürlich die aus der Schweiz mitgebrachte
SPHINX-Schreib- und -Kryptographie-Maschine. In seinem [www.schmeh.org/ regelmäßigen Blog] hat er gleich mit Ansätzen zu ihrer Funktionsweise angefangen: es scheint, die Scheiben an der Seite dienen zur unregelmäßigen Verdrehung der Schreibwalze, sodass die Buchstaben der Worte auf verschiedene Zeilen verteilt und damit (fast) unleserlich werden. Der Schweizer Besitzer der Maschine wird sicher bald genaueres mitteilen können.
Die beiden anderen Vorträge waren an die Italienischen Freunde gerichtet. Der Vortrag des hier Schreibenden, La storia dei messaggi segreti fino alle macchine crittografiche, versuchte anhand der klassischen Verfahren die Grundlagen der Kryptographie und Kryptoanalyse zu erklären und streifte die Probleme der monoalphabetischen Buchstabenverschiebung der sogenannten
Caesar-Verschlüsselung, welche durch eine einfache
Frequenzanalyse sofort das besonders im Englischen und Deutschen häufige e identifizieren lässt. Von den kryptographischen Maschinen wurde die
Enigma fast nur beiläufig behandelt, da sie in einer andere Session breiten Raum fand.
Die Idee, die Teilnehmer selbst an einer Entschlüsselung einer einfachen
Lochkartenkodierung zu interessieren, hatte nur mäßigen Erfolg; denn nur den Schulkindern eines Sammlers gelang es, sofort den Text der Test-Lochkarte zu entdecken; sie durften dann ihren eigenen Namen auf dem
Handlocher kodieren. Trotz des hohen Alters der meisten Sammler, hatte wohl die Mehrzahl in ihrem Berufsleben keine Erfahrung mit den schweren Lochkartenkästen der damaligen
Fortran- und
Algol-Programme. Um auch die Leser hier herauszufordern, ist die Lochkarte, so wie sie im Vortrag zusammen mit Hinweisen und den
Buchstabenhäufigkeiten gezeigt wurde, hier abgebildet.
Der anschließende Beitrag des Museumsdirektors Kurt Ryba mit dem Titel Il messaggio segreto oggi - da NSA a Internet faszinierte besonders wegen der Betonung auf die geschichtliche Relevanz der Spionagetätigkeiten sowohl während, als auch nach den Weltkriegen. Beeindruckend war die Schilderung der Verquickung von
Aldrich Ames, der dutzende amerikanische Spione dem Tod auslieferte, mit dem vielleicht wichtigsten Spion des 20.Jahrhunderts,
Arkady Shevchenko, der durch seine Informationen an die CIA die Schwächen der sowjetischen Wirtschaft belegen konnte, was letztendlich ihren Zusammenbruch bewirkte. Ein anwesender russischer Zuhörer konnte zum ebenfalls erwähnten
Mann, der den Dritten Weltkrieg verhinderte mehrere, auch
russische Literaturstellen liefern.
Highlight in jeder Hinsicht war schließlich die Nebeneinanderstellung der fünf mitgebrachten
Enigmas, zusätzlich zu den beiden schon im Museum ausgestellten. Einer der Besitzer berichtete über dessen Eigenheiten und die Modalitäten der Restaurierung, ein anderer demonstrierte einen Lampentest im Steckerbrett.
Als Kuriosität entdeckte jemand auf einer Umkehrwalze B zusätzlich ein durchgestrichenes C. Natürlich waren diese Innereien der Maschinen die Hauptattraktion und mancher versuchte sich mit den herausgenommenen Verschlüsselungswalzen in Szene zu setzen. Viele andere Fotos finden sich auf der Schweizer
SHBS-Seite.
Beim Besuch der eigentlichen
Enigma-Ausstellung im Museum kann man das interessanteste Stück bestaunen, eine 40 Jahre im Meer vergammelte Enigma als Zeitzeugnis der Kriegswirren und Hybris der Nazi-Wehrmacht. Damit schließt sich der Kreis von den Schreibmaschinen zu den Verschlüsselungsgeräten, die in den nächsten Monate auf weitere Besucher warten.
Alle Rechte beim Verfasser
Erstellt von: Wolfgang Irler 11:28, 12. Jun 2014 (CEST)
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